DER HISTORISCHE ORT
Zur Geschichte der Bernauer Straße
Die Bernauer Straße an der Grenze zwischen den Berliner Stadtbezirken Wedding und Mitte war ein Brennpunkt der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Bau der Berliner Mauer und seine Folgen für die Bewohner der geteilten Stadt wurden hier besonders dramatisch erlebt.
Die Geschichte dieser Straße zeigt exemplarisch die Auswirkungen des Mauerbaus: die Zerstörung von Stadtraum und Lebenswegen, die Trennung von Familienangehörigen und Freunden. Sie dokumentiert die Versuche, der Diktatur durch Flucht in den Westen zu entkommen oder gegen deren Herrschaftsanspruch Fluchthilfe zu leisten. Bereits zwei Tage nach Beginn der Absperrungen flüchtete der Grenzsoldat Conrad Schumann mit einem Sprung über den Stacheldraht.
In der Bernauer Straße verlief die Grenze entlang der Häuserfront der auf Ost-Berliner Gebiet stehenden Grenzhäuser. Viele Bewohner dieser Grenzhäuser entschlossen sich nach den Sperrmaßnahmen spontan zur Flucht. Sie seilten sich aus ihren Wohnungen ab oder sprangen in die bereitgehaltenen Sprungtücher der West-Berliner Feuerwehr. Einige verletzten sich dabei schwer, auch die ersten Todesopfer des Grenzregimes waren hier zu beklagen. Wenige Wochen nach dem Mauerbau wurden die Häuser geräumt, die verbliebenen Bewohner zwangsumgesiedelt und Fenster und Türen vermauert.
Mit Protest und Widerstand lehnte sich die Bevölkerung gegen die Absperrungen auf, die bekanntesten und erfolgreichsten Fluchttunnel wurden hier gegraben. Auch die Sprengung der Versöhnungskirche, die seit dem Mauerbau unzugänglich im Todesstreifen stand, verlieh der Bernauer Straße traurige Berühmtheit.
Der Ort zeigt die herausragende Funktion der Mauer im Herrschaftsgefüge der SED, das Funktionieren des Mauerregimes im Alltag und lässt die tiefe Diskrepanz zwischen Bevölkerung und Staatsführung der DDR unübersehbar zu Tage treten.
Die Bernauer Straße ist aber auch ein Erinnerungsort für die friedliche Überwindung der Teilung: In der Nacht vom 10. zum 11. November 1989 wurden zwischen der Bernauer Straße und der Eberswalder Straße die ersten Segmente aus der Mauer gebrochen, um einen neuen Übergang zwischen Ost- und West-Berlin zu schaffen. Auch der offizielle Abriss der Grenzanlagen wurde im Juni 1990 an der Bernauer Straße, Ecke Ackerstraße begonnen. Heute befindet sich an diesem historischen Ort die Gedenkstätte Berliner Mauer.